… aber eine eine 6a-Rückstellung bilde ich trotzdem. Das sagte sich ein Arbeitgeber im Westfälischen und stieß damit auf den Widerstand seines Betriebsprüfers. Vor Gericht unterlag die Beamtenschaft zwar im Wesentlichen, doch findet sich diese damit nicht ab – so geht die Sache beizeiten in die nächste Runde.
Neulich, Münster in Westfalen, das örtliche Finanzgericht: Intensivtäter 6a macht mal wieder Ärger. Diesmal: ein Arbeitgeber und das Finanzamt im Streite. Gegenstand: der Ansatz steuerbilanzieller Pensionsrückstellungen für eine boLZ, bei der sich die Höhe der Leistungen aus dem Policenwert einer fondsbasierten RDV ergibt, wobei diese keine Mindestleistung vorsieht.
Das Unternehmen bilanzierte die RDV der Direktzusagen für einige leitende Angestellte auf der Aktivseite in Höhe des Policenwerts (Fondsvermögen) zum Stichtag, die Pensionsrückstellungen in identischer Höhe auf der Passivseite.
Dies stieß dem Betriebsprüfer auf: Für diese Zusage könne gleich keinerlei Rückstellung gebildet werden, da es an einem Rechtsanspruch auf eine Leistung der Höhe nach (Klarheit, Eindeutigkeit) fehle. De facto handele es sich um eine reine Beitragszusage, die nicht rückstellungsfähig sei. Der Prüfer verwies auf das BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2002 (BStBl. I 2002, 1397) zur Bilanzierung wertpapiergebundener Zusagen. Danach kann bei solchen Zusagen eine Pensionsrückstellung nur insoweit gebildet werden kann, als der Versorgungsanspruch auf einer garantierten Mindestleistung beruht (in dem Schreiben steht etwas missverständlich „entfällt“).
In der Tat fordert der § 6a EStG in Abs. 1 Nr. 3 EStG für die steuerliche Bilanzierung einer Pensionsrückstellung, dass die Pensionszusage „eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen“ enthalten muss. Genau dies sah der Arbeitgeber jedoch als erfüllt an.
Teilwert bitte
Wie dem auch sei, beide Seiten gaben sich bockig, so man sah man sich am 18. März vor Gericht wieder, und das FG Münster entschied mit Az 10 K 4131/15 K,G,F weitestgehend gegen die Finanzverwaltung, Tenor:
Unter Heranziehung des Stichtagsprinzips (R 6a Abs. 17 EStR) ist eine Pensionsrückstellung für die Leistung zu bilden, die sich aus dem Policenwert zum Stichtag ergibt.
Aber: Betreffend der Höhe der Leistungen, die der Bewertung zugrunde liegen, greift das FG auf den aktuellen Policenwert zum Stichtag zurück, bewertet die Leistung dann jedoch nach dem Teilwertverfahren des § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 1 1. Halbsatz EStG, bei Entgeltumwandlung im Sinne von § 1 Abs. 2 BetrAVG mindestens mit dem Barwert der gemäß den Vorschriften des BetrAVG unverfallbaren Leistungen (§ 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG). Insgesamt sind die Rückstellungen damit zwar deutlich niedriger, als sie der Arbeitgeber bilanziert hatte, aber höher als der Ansatz des Prüfers, der Rückstellungen komplett verworfen hatte.
Ausgestanden ist die Sache damit nicht. Das Finanzamt ging prompt in Revision beim BFH (der Arbeitgeber übrigens auch), wo das Verfahren unter Az I R 25/21 liegt.
Fazit von LEITERbAV
Auch wenn das Münsteraner Urteil nach München geht, so ist steuerrechtlich hier in Sachen boLZ schonmal ein gewisser Pflock eingeschlagen worden. Wünschenswert wäre eine Klarstellung des Gesetzgebers in nicht allzu ferner Zukunft.
Und da der Intensivtäter 6a sich bekanntlich beizeiten zu Recht in Karlsruhe vor Gericht zu verantworten hat, wird er wohl über kurz oder lang von der Politik ohnehin irgendwie angefasst werden müssen.
Ebenso wird diese nicht mehr lange daran vorbeikommen, die arbeitsrechtlichen Unklarheiten bei der boLZ (wie auch bei der BZML) in Sachen Mindestleistung zu beseitigen – je früher, je besser.
Wenn dem aber so ist, dann sei der Politik angeraten, all dies aus einem Guss rechtssicher und kongruent zu klären, so dass für Arbeitgeber – die im operativen Alltag besseres zu tun haben, als sich mit Unklarheiten ihrer kostspieligen Versorgungswerke zu beschäftigen – die hier in Rede stehenden Fragen steuer- und arbeitsrechtlich deckungsgleich geregelt sind (ein Grund mehr, die Antworten auf offenkundige Unklarheiten grundsätzlich nicht so oft Erfurt, München und Karlsruhe zu überlassen, da durch divergierende Rechtssprechung Arbeits- und Steuerrecht eben oft an Kongruenz verlieren). In diesem Zusammenhang sei der Berliner Wilhelmstraße ein altes kassandrisches Axiom zugerufen, das in Zeiten, in denen alle Säulen der Altersversorgung unter erheblicher Spannung stehen, täglich an Bedeutung gewinnt:
Es gibt einen Fördertatbestand der bAV, den die Politik stets ganz umsonst bekommt. Er heißt Good Governance.
Das Urteil des FG Münster findet sich hier.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.