Aufsichts- und Steuerrecht bilden den komplexen und auch aktuell wieder dynamischen Rahmen für die Strukturierung alternativer Anlagen für Pensionsfonds und -kassen sowie Versorgungswerke. Jan H. Grabbe gibt einen kurzen Überblick über Trends und Entwicklungen aus der Strukturierungspraxis.
Infrastruktur-Spezialfonds in Deutschland
Mit dem Fondsstandortgesetz vom 3. Juni 2021 wurden die Möglichkeiten, Infrastruktur-Spezialfonds in Deutschland aufzulegen, erweitert bzw. neu geschaffen. Um solche Produkte auch tatsächlich anbieten zu können, haben mittlerweile einige Verwaltungsgesellschaften (KVGen) ihre Erlaubnis erweitert oder bereiten dies vor.
Konkret können die in Deutschland beliebten und verbreiteten offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nach §284 KAGB seit Juni 2021 auch in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren. Infrastruktur-Projektgesellschaften sind dabei solche, die Infrastruktur-Sachwerte halten und/oder betreiben, was demnach „reine“ AssetCos, „reine“ Betreibergesellschaften und auch Kombinationen umfasst.
Neu eingeführt wurde 2021 der Typus des geschlossenen Sondervermögens, also ein Fonds des bekannten Vertragstyps, dessen Anleger jedoch kein Rückgaberecht haben. Er muss nicht risikogemischt investieren und kann jeden bewertbaren Vermögensgegenstand und damit quasi alle Infrastruktur-Anlagen erwerben. Wichtig für Investoren der bAV ist, dass beide Fondstypen keine Konsolidierungspflicht nach dem HGB auslösen.Quelle: Clifford Chance. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Reverse Hybrid Entity
Rechtssicherheit herrscht für steuerbefreite Anleger der bAV, die in Luxemburger Fonds des Vertragstyps sog. Fonds commun de Placement (FCP) investieren. Sofern ein Investor aus Deutschland die Mehrheit der Anteilsscheine an einem Luxemburger FCP hält, droht im Grundsatz eine Besteuerung der Einkünfte des FCP in Luxemburg. Grund sind die Anti-hybrid-Mismatch-Regeln für sog. umgekehrt hybride Gestaltungen, die nach der ATAD II-Richtlinie vom 29. Mai 2017 ab Beginn 2022 greifen.
Mit diesen Regeln möchte der Gesetzgeber Fällen begegnen, in denen aufgrund einer Nicht-Übereinstimmung (Mismatch) der steuerlichen Qualifikation eines Vehikels dessen Einkünfte weder in seinem Sitzstaat noch dem Sitzstaat seiner Anleger besteuert werden. Genau dies droht im Fall Luxemburger FCPs. Denn Luxemburg sieht FCPs als transparent an, rechnet deren Einkünfte daher dessen Anlegern zu und besteuert ausländische Anleger entsprechend nicht, während Deutschland den FCP als intransparent ansieht und dessen Einkünfte (vor Ausschüttung) entsprechend nicht auf Ebene deutscher Anleger besteuert.
Wenn ein deutscher Anleger allein oder mit verbundenen Personen die Mehrheit der Anteile an dem FCP hält, ist Luxemburg grundsätzlich gehalten, die Einkünfte zu besteuern. Im Fall steuerbefreiter Anleger wie Pensionskassen und Versorgungswerke scheint jetzt klar, dass in solchen Fällen kein Missbrauch vorliegt – Deutschland würde die Einkünfte des FCP ja auch nicht besteuern, wenn es den FCP ebenfalls als transparent ansähe – und Luxemburg daher nicht besteuert. Für steuerpflichtige Investoren wie deutsche Pensionsfonds gilt das nicht. Hier hilft u.U. eine Ausnahme für bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen.
Keine höchstrichterliche Entscheidung zur 5%-Grenze für Pensionskassen
In einer für Pensionskassen sensiblen Frage hat am 11. Mai 2023 der BFH entschieden – ohne jedoch für Rechtssicherheit zu sorgen. Der Fall betrifft ein Schreiben des BMF vom 13. Juni 2017, wonach Pensionskassen, die maximal 5% ihres Vermögens in gewerbliche (und aufsichtsrechtlich erwerbbare) Personengesellschaften investieren, ihre Steuerbefreiung insofern nicht verlieren.
Ein Urteil des FG München vom 14. Dezember 2020 ließ Zweifel aufkommen, ob diese Ausnahme Bestand haben wird. Denn das FG entschied entsprechend der traditionellen Auffassung, dass jedes gewerbliche Engagement steuerpflichtig sei – ohne die 5%-Ausnahme zu erwähnen. Die Revision, die gegen dieses Urteil eingelegt wurde, hat der BFH jetzt verworfen, allerdings als unzulässig, sodass er zur Sache nicht Stellung nahm. Beruhigen mag der Umstand, dass das BMF sein Schreiben bislang nicht aufgehoben hat.
Fondsstandort Deutschland holt bei Umsatzsteuer auf
Positives für den Fondsstandort Deutschland bringt ggf. das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Nach dem vorliegenden Regierungsentwurf vom 16. August 2023 soll die Verwaltung sämtlicher alternativer Investment Fonds in Deutschland ab 2024 von der Umsatzsteuer befreit sein.Quelle: Clifford Chance. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Aktuell profitieren nur bestimmte Fondstypen von einer solchen Steuerbefreiung, wobei sich nach einer Vielzahl von (ihrerseits unklaren) Kriterien entscheidet, ob es sich um einen der privilegierten AIF-Typen handelt (Fonds nach §284 KAGB, „OGAW-ähnliche“ AIFs oder Wagniskapitalfonds). Mit der geplanten Reform würde Deutschland einen wesentlichen Standortnachteil gegenüber Luxemburg wettmachen.
Neue Hinzurechnungsbesteuerung: Compliance-Schreck?
An anderer – unerwarteter – Stelle könnte dagegen erheblicher administrativer Mehraufwand auf steuerbefreite Pensionskassen und Versorgungswerke zukommen: bei der sog. Hinzurechnungsbesteuerung. Sie soll verhindern, dass mobile Einkunftsquellen auf z.B. Offshore-Gesellschaften verlagert werden und deren Erträge („Zwischengewinne“) dort unbesteuert bleiben.
Für die Steuerjahre ab 2022 hat Deutschland die entsprechenden Vorschriften im AStG überarbeitet und in vielerlei Hinsicht den Anwendungsbereich erweitert. Der im Juli 2023 vorgelegte Entwurf eines BMF-Schreibens hilft kaum beim Umgang mit den neuen Regeln, eher im Gegenteil.
Bislang haben sich steuerbefreite Anleger wie Pensionskassen und Versorgungswerke kaum um die Hinzurechnungsbesteuerung gekümmert. Denn auch der Fiskus hat kein Interesse an Steuererklärungen nach dem AStG, wenn kein Steueraufkommen zu erwarten ist. Daher geben bislang viele steuerbefreite Anleger keine Erklärungen nach dem AStG ab. Da der Gesetzeswortlaut dies nicht direkt stützt, bewegt sich dies in einer Grauzone.
Da die Hinzurechnungsbesteuerung viele Fälle ab 2022 neu zu erfassen droht bzw. Anlagen über Spezial- und Masterfonds insofern nicht mehr „abschirmen“, wurde das BMF jetzt in der Konsultation aufgefordert, ausdrücklich zu der Frage Stellung zu nehmen, welche AStG-Erklärungspflichten für Fonds mit steuerbefreiten Anlegern gelten. Dies wird dann auch für die Direktanlage gelten müssen.
Falls das BMF dies nicht pragmatisch entscheiden sollte, wäre nicht nur die bisherige Praxis zu überdenken. Wegen des erweiterten Anwendungsbereichs wäre auch mit erheblich größerem Prüfungsaufwand für aktuelle und künftige Fälle zu rechnen. Die Entwicklung sollte beobachtet werden.
Der Beitrag beruht auf einem Vortrag des Autors, gehalten am 6. September auf dem Senior Round Table „Impact und Infrastruktur Investing“ der Pensions-Akademie in Frankfurt.
Der Autor ist Anwalt, Steuerberater und Partner bei Clifford Chance in Frankfurt.