Die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA hat Mitte Dezember 2013 ihren „Financial Stability Report (Second Half Year Report – Autumn 2013)“ vorgelegt. Die Behörde identifiziert drei Kernrisiken – allesamt hausgemacht.
EIOPA geht weiter von drei Kernrisiken für den gesamten von ihr beaufsichtigten Sektor und damit auch für Einrichtungen der bAV aus:
- Niedrigzins
- schwache Konjunktur
- Ansteckungsrisiko des Exposures in Staatsanleihen und Anleihen der Finanzindustrie.
So schreibt die Behörde in ihrem Bericht:
„The low interest yield environment is still the most prominent risk; putting pressure mostly on life insurers’ and occupational pension funds’ ability to pay guaranteed rates of return and to maintain strong profitability and financial profiles in the long-run. Moreover, economic conditions in European countries are still fragile and deflationary tendencies prompted a cut in official Eurozone interest rates in November 2013. The weak macroeconomic climate has a negative effect on written premium growth. Furthermore, contagion risk from exposure to sovereigns and financial institutions might remain a challenge for the insurance and the occupational pension sector in certain circumstances, although it is acknowledged that the long term nature of the insurance and occupational pension sector may also somewhat buffer the effects of such contagion risks.“
Kein akuter Alarm für EbAV
Akuten Alarm für den 2,7 Billionen schweren europäischen Pensionssektor (80 Prozent davon in UK und NL, 6,44 Prozent in D) schlägt EIOPA allerdings nicht, sind doch die EbAV europaweit nicht zuletzt wegen ansehnlicher Returns kapitalseitig nicht schlecht aufgestellt. Gleichwohl gelte es die Entwicklung bei Defined-Benefit-Schemes im Auge zu behalten:
„Although defined benefit schemes still dominate, there is a clear trend towards defined contribution schemes in many countries. Investment allocation of pension funds has not significantly changed over the last year and pension funds across Europe reported higher returns on assets in 2012 compared to 2011. Most national authorities report that cover ratios are sufficiently high in 2012. However, the low interest rate environment prevailing in many European countries makes it more difficult for defined benefit schemes to meet the guaranteed return. To some extent pension funds can compensate for low yields by increasing the annual interest premium. There is, however, a risk that premium increases will reinforce the current trend of employers in the private sector closing down their defined benefit plans.“
Die anderen Risiken der Katastrophenanleihen
Unter dem Unterpunkt „Other Risks“ spricht die Behörde auch einen neuen Investmenttrend an, der maßgeblich Pensionsfonds betrifft:
„The strong flow of new capital into insurance-linked securities (ILS) raises some concerns. The significant change in the market has been driven by subdued economic growth and a low yield environment increasing demand from investors who are searching for safe investments uncorrelated with other assets. It is expected that over the next years funding will increasingly come from alternative sources, such as 'sidecars' – specialist vehicles set up by insurers that non-insurers can invest in. Some concerns are that inflows of new capital into ILS, such as catastrophe bonds originate mostly from fixed-income investors, such as pension funds who are searching for yield, but not necessarily having the modelling capabilities and experience to fully analyse the underlying risks and complexity of the insurance market. Without adequate supervision, such developments could cause systemic risk.“
Hausgemachte Kernrisiken
Es sei daran erinnert, dass alle drei von EIOPA genannten Kernrisiken (und mittelbar auch das erwähnte „Other Risk“) politisch hausgemacht sind: Die Ursache des Niedrigzinses bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Doch hat die Geldschwemme praktisch aller westlichen Notenbanken und über praktisch alle Kanäle schließlich auch Wirkungen auf die Realwirtschaft: Marode Industrieunternehmen und Banken, die längst hätten das Zeitliche segnen müssen, können sich zu aberwitzig niedrigen Kosten refinanzieren – leicht abzulesen an den geringen Returns der Corporates selbst sanierungsreifer Emittenten. Wer aber Krisen unterbindet – und die damit einhergehenden Bereinigungen der Realwirtschaft – der schafft ein Klima des nachhaltig niedrigen Wirtschaftswachstums. Und auch die Ansteckungs- und Downgrade-Gefahren bei Staats- und Bankanleihen sind Folge einer Krise, die erstens durch zu viel billiges Geld entstanden ist und zweitens seit einem halben Jahrzehnt durch noch mehr billiges Geld kuriert werden soll. Hinzu tritt die den offiziellen Inflationsstatistiken der Verbraucherpreise diametral entgegenstehende, längst grassierende Asset Inflation, die EbAV täglich die Frage der Wiederanlage schwerer beantworten lässt – sei es bei Aktien, Corporates, Real Estate oder Govies. Eine der Folgen dieser alle relevanten Asset-Klassen erfassende Preisauftrieb ist zweifellos der unter „Other Risks“ angesprochene Trend bei EbAV, sich bei den Cat-Bonds zu engagieren.
Politische Risiken für EbAV– beispielsweise die in Osteuropa bereits in der Vergangenheit zu beobachtenden enteignungsartigen Maßnahmen – spricht der Bericht übrigens nicht an.
Rückblick: Wohin mit dem Cash?
Erst im August 2013 hatte der Gemeinsame Ausschuss der drei europäischen Aufsichtsbehörden seinen „Report on Risks and Vulnerabilities in the European Union’s Financial System – Autumn 2013“ vorgelegt. Der 33 Seiten starke Bericht sprach Risiken für EbAV im Wesentlichen im Rahmen von Risiken an, die sie mit den Versicherern gemein haben, und hier wies der Report in erster Linie auf das hohe Banken-Exposure von Versicherern, aber auch von EbAV hin. An dem seinerzeitigen Report war besonders bemerkenswert, dass er auch die 4 Prozent Deposits bei Banken ausdrücklich erwähnte, obwohl ein Performance-Risiko hier naturgemäß nicht vorliegt. Der Report sprach also offenbar das Insolvenz-Risiko an. In diesem Zusammenhang sei hier an die Maßnahmen in Zypern erinnert, bei denen Einlagen über 100.000 Euro verloren gingen. Auch die geplante EU-Bankenunion sieht entsprechende Obergrenzen für Einlagen vor. Nicht nur als Aktionäre und Bondholder, sondern auch als Kontoinhaber könnte eine Bankenpleite künftig Versicherer und EbAV treffen. In der Tat ging der damalige Report im weiteren Verlauf auf die Problematik ein:
„Following the resolution and winding-down of the two largest banks in Cyprus in March 2013, both domestic insurers and pension funds took losses on deposits similar to other large depositors (in the case of pension funds, the political issue of post write-down reimbursement is still open). Had the foreign-owned insurance sector in Cyprus been larger, it would also have been possible that losses by domestic solo companies could have affected the solvency position of groups. However, in the case of Cyprus, such effects were minimal.“
Es sei nochmal wiederholt: Wenn Cash in Form von Deposits also schon so gefahrenbehaftet ist, dass dies in diesem Report erwähnt werden musste, müssen dann zumindest die Versicherer, die nun ja bald Solvency II unterliegen werden, ihre Cash-Bestände dann demnächst sicherheitshalber mit Eigenkapital unterlegen? Fragt sich dann nur, wo.