Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: GR2
ZDF Frontal 21 (4. Juni): „Betriebsrenten als Mogelpackung – Wenn der Staat doppelt kassiert“
Die Dauerbaustelle Doppelverbeitragung wird auf dem Pensions-Parkett weiterhin intensiv diskutiert. Man denke nur an den scharfen politischen Kommentar von Richard Nicka, Pensions-Chef der BASF, und an die technische Analyse der auch verfahrensseitig enorm herausfordernden Problematik, wie sie Marco Herrmann und Branko Kovac vom BVV jüngst vorgenommen haben (beides in der Erstausgabe der neuen Zeitschrift Tactical Advantage verfügbar).
Doch auch abseits des institutionellen Pensionswesens wird die Politik das Thema nicht los. In schöner Regelmäßigkeit berichten die Massenmedien über das Thema – und zwar stets aus der Perspektive des wütenden Betriebsrentners. Hier ist es die ZDF-Sendung Frontal 21, die Anfang der Woche die Doppelverbeitragung aufgegriffen hat. Schön übrigens die parteiübergreifende Empörung der Abgeordneten über die Ungerechtigkeit, wie sie der Beitrag dokumentiert
Doch beyond der technischen Herausforderung, des wütenden Betriebsrentners und der Handlungsunfähigkeit der Politik, mit der sich diese zusehends lächerlich macht, hat die Dauerbaustelle weitreichende Effekte auch auf die gegenwärtige bAV:
Wenn Arbeitgebervertreter, vor allem aber Gewerkschafter in den Massenmedien wie hier in Frontal 21 regelmäßig aus Neue vor Augen geführt bekommen, mit welcher Nachhaltigkeit der Staat über rückwirkende Maßnahmen in Betriebsrenten eingreifen kann (siehe auch den nächsten Beitrag) und mit welcher Hartnäckigkeit er sich weigert, dies selbst in konjunkturell guten Jahren zu korrigieren, dann sollte man sich nicht wundern über die Zurückhaltung, mit der die Tarifparteien den Sozialpartnermodellen gegenüberstehen. Soll man als Gewerkschafter etwa das Risiko eingehen, sich irgendwann in ein paar Jahren oder Jahrzehnten von wütenden Betriebsrentnern fragen lassen zu müssen, was man sich denn damals dabei gedacht habe, von den Kleingehältern bei KMU auch noch Teile in eine Tarif-bAV abzuführen, die infolge des Minizinses nicht nur mäßig performed hat, sondern nun durch einen Staatseingriff – welcher Art der auch immer sein mag – zum Mini- oder gar Minusgeschäft geworden ist?
Die Zeit (6. Juni): „Grün-Rot-Rot am beliebtesten – Mehrheit für Neuwahl.“
Grüner Höhenflug und kein Ende? Ein wenig erinnert der Hype schon an die ersten Monate des insuffizienten Martin Schulz als SPD-Vorsitzender, der einst unaufhaltsam nach oben strebte, um dann umso unsanfter komplett abzustürzen.
Doch die Geschichte muss sich ja nicht wiederholen – auch wenn sie sich zuweilen reimt. Nun, immerhin gewinnen die Grünen ihre Wahlen ja – anders als der ewige Verlierer Schulz. Wie dem auch sei, ist denn – wie in dem verlinkten Zeit-Artikel als von vielen Deutschen gewünscht vermeldet – ein R2G-Mehrheit (genauer GR2) im Deutschen Bundestag überhaupt wahrscheinlich?
Nicht sehr, denn da in diesen Jahren kaum ein Zweifel daran bestehen kann, dass AfD und FDP stets sicher in den Bundestag einziehen (die AfD als einzige echte Anti-Partei, die FDP von der Schwäche der SPD profitierend), werden im Bundestag immer sechs Fraktionen sitzen. Anders als im Berliner Abgeordnetenhaus sind damit im Bundestag GR2-Konstellationen kaum vorstellbar. Denn dazu wäre eine Schwäche der Union nötig, von der sie im Bund (noch?) weit entfernt ist. Käme es also zu Neuwahlen, stellte sich nur die Frage nach Grün-Schwarz oder Schwarz-Grün – also im Prinzip eine Kontinuität der Großen Koalition aus den beiden stärksten Fraktionen. Das heißt für spätestens 2021: Merkel im Ruhestand, die führungsschwache AKK mit noch schwächerem, aber nicht zu schwachen Unions-Ergebnis auf Platz 2 und die Koalitionsbildung gemäß Baden-Württembergischen Modell – Stand heute die wahrscheinlichste Perspektive.
Doch zurück zu grün-rot-rot: Wirklich denkbar ist das GR2-Szenario nur dann, wenn die Union (so wie im vergangenen Bundestag) SPD, Grünen und Linken allein gegenüberstünde. Doch ist damit wie erläutert nicht zu rechnen. Und wenn doch – was wären die Folgen?
Nun, bei einer Mehrheit von drei erklärten Linksparteien dürfte dies nicht nur Folgen haben für – sagen wir mal – Immobilienbesitzer, Vermögende, Unternehmer und Sportschützen, sondern auch für die Sozialsysteme im Allgemeinen und die Altersversorgung im Besonderen, als da wären vor allem:
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Konzentration der Altersvorsorge auf die erste Säule auch zu Lasten der bAV, Ausdehnung der Kompetenzen und Möglichkeiten der gRV (bspw. freiwillige Zusatzbeiträge, zwangsweise Einbeziehung von Selbständigen, Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen).
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In der bAV selbst Ausbau der Pflichten der Arbeitgeber, außerdem keine Korrektur der 6a-Problematik (wenn nicht vom BVerfG erzwungen).
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Unmittelbare Abschaffung der privaten Krankenversicherung, Übertragung der Altersrückstellungen in eine neue Bürgerversicherung, später dann Beitragsbemessung über alle sieben Einkunftsarten.
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Rasche Aufgabe des Restwiderstandes gegen die Einrichtung europäischer Haftungsgemeinschaften, bspw. in der Arbeitslosenversicherung.
Alles Schwarzmalerei? Keineswegs. Beispiel PKV: Erst vor wenigen Wochen hatte die Linkspartei erneut deren Überführung in die gKV gefordert. Und man erinnere sich nur an die „Bürgerversicherung“, mit der die SPD jahrelang hausieren gegangen ist und die im Prinzip das gleiche vorsah. Klar ist jedenfalls: Sollten im Bund die politischen Mehrheiten je wieder danach sein, dann wird die PKV dieses Schicksal erleiden.
Denke aber keiner, das habe nichts mit der bAV zu tun. Es sei auch daran erinnert, dass die Linke vor drei Jahren bereits vorgeschlagen hat, Riester (hier noch freiwillig) in die GRV zu überführen.
Es sei wiederholt: Wer private Krankenversicherer enteignen kann (und keinen Hehl daraus macht, das er dies tun werde), der kann auch private oder unternehmenseigene Vorsorgeeinrichtungen enteignen. Selbst in EU-Staaten hat es vergleichbares schon gegeben.
Das alles gilt umso mehr in Zeiten, in denen der Populismus zunehmend die Politik beherrscht – man denke nur an die primitive Enteignungsdebatte um die Immobilienkonzerne. Und zu hoffen, dass hier am Ende ein Bundesverfassungsgericht dem Einhalt gebiete, wäre gefährlich naiv.