Jeden Freitag bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Momentum.
n-tv (14. November): „Brexit führt zu Standortwechsel – Britische Firmen bald in Deutschland.“
Unternehmen verlegen von der City nach Frankfurt: Das liest man – besonders mit Bezug auf Banken – seit dem Brexit mit steter Kontinuität. n-tv zitiert hier BMF-STS Thomas Steffen:
„Wir gehen alle davon aus, dass wir Frühjahr 2017 vermehrt konkrete Entscheidungen sehen werden.“
Auch einen Umzug der EBA, Schwesterbehörde der EIOPA, nach Frankfurt hat Steffen laut Artikel ins Spiel gebracht.
Skepsis an den Prognosen vernimmt man in deutschen Medien selten (was nichts heißen muss, denn Skepsis an den Prognosen zu einem klaren Remain der Briten in der EU und einem deutlichen Wahlsieg Hillary Clintons musste man in deutschen Medien ja ebenfalls mit der Lupe suchen, insofern kann man diese mittlerweile als passablen Kontraindikator interpretieren).
Kassandra ist hier jedenfalls sichtlich weniger optimistisch als der Staatssekretär, im Gegenteil. Sicher wird es Abteilungen geben, die aus technischen und regulatorischen Gründen aus London in die EU verlegt werden müssen. Es sei aber hier vom Sommer wiederholt:
Dies gilt umso mehr, als Banken in den USA sich nach dem dortigen Wahlsieg von Donald Trump nun Hoffnungen auf Deregulierung machen können (die Entwicklung der Bankaktien der letzten Tage spricht Bände). Denn dies könnte die Briten – die industriepolitisch auch nicht auf den Kopf gefallen sind – veranlassen, aus Gründen des Wettbewerbs hier schnell nachzuziehen.
FAZ (4. November): „Risikoprämien Italienische Anleiherendite steigt kräftig.“
Erst der Brexit, jetzt der Wahlsieg Donald Trumps – die Bürger im Westen sind derzeit auf Krawall gebürstet. Offenkundig hat das gegenwärtige Establishment einen zunehmend schwereren Stand. Und diese Stimmung, die sich nicht mehr auf Denkzettel beschränkt, sondern echte Veränderung sucht, scheint Fahrt aufzunehmen. Charttechnisch würde man wohl von einem schlechten Momentum der Etablierten sprechen. Und der nächste Doppel-Stichtag für Europa naht bereits:
Am 4. Dezember findet nicht nur die Bundespräsidentenwahl in Österreich statt, sondern auch – und noch wichtiger – das Verfassungsreferendum in Italien. Mit der österreichischen FPÖ und der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung stehen in beiden Ländern institutionelle Auffangbecken für den Unmut der Bürger bereit.
Die Märkte reagieren längst auf die Entwicklung. Am langen Ende gehen die Renditen der Staatsanleihen hoch, und die Spreads in Europa laufen wieder auseinander. Bleibt abzuwarten, wie die EZB – der FAZ-Artikel beleuchtet ihre bisherige Zurückhaltung – mit der Situation umgehen wird. Dass der USD Richtung pari strebt, dürfte ihr egal, eher sogar recht sein, aber die steigenden Spreads in Europa könnten sie zum Handeln veranlassen.
Behält also das Anti-Establishment-Momentum in Europa seinen Schwung bei (und Kassandra tippt in beiden Abstimmungen am 4. Dezember genau darauf), dann dürften sich nach dem 4. Dezember alle institutionellen Augen mehr denn je auf den chicen Neubau im Frankfurter Osten richten.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
Focus.de (18. November): „Volkswagen streicht in Deutschland 23.000 Arbeitsplätze.“
Neues vom Fachkräftemangel.