Jeden Freitag – heute ausnahmsweise am Montag – bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Bürgerkrieg?
Thüringer Allgemeines (18. August): „Thüringen tilgt Schulden, um für die Pensionskasse zu sparen.“
Der Freistaat pflegt seit jeher einen ganz eigenen Blick auf seine Pensionslasten. Unvergessen ist, wie der seinerzeitige Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) 2013 in aller Öffentlichkeit erklärte (Zitat aus dem Focus):
„'Thüringen spekuliert nicht mit dem Geld aus dem Pensionsfonds. Die Mittel für die Beamtenversorgung sind sicher angelegt'. Das Geld werde ausschließlich in Schuldscheinen des Freistaates angelegt.“
Gab es damals Widerspruch aus Presse, Politik oder Öffentlichkeit? Zumindest hier nicht bekannt. Immerhin Kassandra ätzte damals angesichts des nullsummigen Fundings infolge der Tatsache, dass der Freistaat ohnehin für die Pensionen seiner eigenen Beamten geradezustehen hat:
Doch auch unter der linken Nachfolgeregierung pflegt das Land offenbar die ganz eigene Sicht auf die Dinge. Nun will man, statt in den Fonds einzuzahlen, also Altschulden tilgen, um das gesparte Geld für die Pensionen zurückzulegen. Statt den Fonds die Landesschulden kaufen zu lassen, kauft das Land sie nun also selbst zurück. Der systematische Unterschied erschließt sich jedenfalls nicht unmittelbar. Wie dem auch sei, die gesparten Zinsen – es sei hier angemerkt, dass auch Thüringische Anleihen bereits negativ rentieren – sollen dann der Beamtenvorsorge dienen. Wie und warum das außerhalb des Fonds geschehen soll, ist noch unklar, aber eigentlich auch egal. Der Anlagetipp von Kassandra an das thüringische Finanzministerium lautet jedenfalls: von den gesparten Zinsen thüringische Anleihen kaufen. Dann ist das Geld sicher angelegt.
Süddeutsche Zeitung (18. August): „Erträge der staatlichen Pensionsfonds brechen ein.“
Nun denn, warum auch nicht?! Manche der Staatsfonds folgen der oben erläuterten Nullsummen-Strategie Thüringens (zum Beispiel Rheinland-Pfalz), andere wiederum legen diversifiziert an. Besonders erstere, also nur in eigene Staatsschulden „investierende“ Fonds, dürften vom Renditeverfall besonders betroffen sein (anders bekanntlich beispielsweise die VBL). Doch trösten können sich diese Fonds damit, dass sie selbst faktisch ohnehin nur eine Luftbuchung sind, das tragende Land als komplett unfundet bleibt, da es schließlich keine Rolle spielt, mit Hilfe welcher Landesschulden die Pensionen der eigenen Beamten eines Tages finanziert werden. Und bei Luftbuchungen ist es schließlich egal, ob die Rendite hoch oder niedrig ist, faktisch existiert sie ohnehin nicht.
FAZ (19. August): „Obamas Krankenversicherung gehen die Anbieter aus.“
Die zwangsversicherten Neukunden sind viel kränker als kalkuliert, und deshalb häufen sich nun Verluste bei den Anbietern, die daraus die marktwirtschaftlich einzig logischen Konsequenzen ziehen, nämlich den Rückzug, berichtet die FAZ.
Fazit: Auch für an sich gut gedachte US-Reformbemühungen gilt am Ende die alte rheinische Weisheit „Viel gut wird viel schlecht“. Möglicherweise haben die US-Reformer bei Obamacare an alles gedacht – nur nicht an das, was in der Assekuranz ohnehin allzuoft in Vergessenheit gerät und sich dann entsprechend eines Tages mit Druck zurückmeldet: die ganz profane Versicherungstechnik.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
The Economist (17. August): „The other Republicans: French politics.“
Frankreich vor der Wahl. Der Economist teilt offenbar die schon ältere Ansicht Kassandras, dass die eigentliche Entscheidung in Frankreich in den Vorwahlen der bürgerlichen Rechten fällt, nämlich ob sich Nicolas Sarkozy hier wird durchsetzen können (Am Rande: mit dem hier gleichzeitig ausgesprochenen Tip des Brexits lag Kassandra ja offenbar schon mal richtig). Nun, auch das Londoner Blatt geht davon aus, dass Sarkozy in die Stichwahl gegen Marine Le Pen vom rechten FN gelangen und dann mit den vielen Stimmen der zähneknirschenden Linkswähler auf den Schild gehoben werden wird.
Doch hatte Kassandra schon seinerzeit im September 2014 eine Befürchtung geäußert – und das in den realtiv ruhigen Zeiten vor vor Charlie Hebdo, vor Bataclan, vor Nizza –, und später erneuert, nämlich dass sich in der Stichwahl wider Erwarten auch Le Pen und ein Kandidat der Sozialisten (vermutlich Amtsinhaber Francois Hollande) gegenüberstehen könnten. Schließlich gelten in diesen prekären Zeiten des Ausnahmezustandes die üblichen Gesetze nicht mehr, und sie gelten täglich weniger.
Und sollte es wirklich dazu kommen – also Rechtsaußen gegen Sozialisten im Kampf um einen der einflussreichsten Posten der westlichen Welt (der Fall Österreich ist dagegen nur eine Provinzposse) –, dann ginge es in Frankreich um alles, und das bis aufs Messer. Nicht mal ein Bürgerkrieg oder ein Eingreifen der Armee würde Kassandra für diesen Fall ausschließen. Ist das Spinnerei? Vielleicht. Aber dann ist auch der amtierende französischer Ministerpräsident Manuel Valls ein Spinner, denn der höchstselbst hat schon vor einiger Zeit exakt vor ebendiesem Szenario für Frankreich gewarnt: dem Bürgerkrieg.