Der erste Schock um die Brexit-Abstimmung hat sich gelegt, doch die Folgen werden langfristig sein, nicht zuletzt für das betriebliche Pensionswesen. LEITERbAV hat sich umgehört. Und wenig überraschend überwiegt die Skepsis.
Die Redaktion hat einige LbAV-Stakeholder, die typischerweise mit europapolitischen Fragen beschäftigt sind, gebeten, folgenden Satz zu vervollständigen:
„Der absehbare Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union bedeutet mittel- und langfristig für die europäische Regulierung von EbAV…
…dass diejenigen, die sich – richtigerweise – für den eigenständigen Charakter dieser Einrichtungen stark machen und sich gegen die Anwendung von One Size fits All-Versicherungsaufsichtslösungen nach dem Typus des HBS aussprechen, einen spürbar schwereren Stand haben werden, weil der Stakeholder mit den größten EbAV-Vermögenswerten von Bord geht.“
Withold Galinat, Vice President Global Benefits Strategy der BASF SE
…dass einige Personen auf europäischer Ebene nicht mehr mitarbeiten werden beziehungsweise können, die doch in der Vergangenheit häufig konstruktive und sachdienliche Beiträge geleistet haben.“
Stefan Nellshen, Finanzvorstand Bayer-Pensionskasse VVaG und Leiter Asset Management Pensions der Bayer AG
…dass wir einen unserer wichtigsten Verbündeten auf dem Gebiet der Regulierung für IORPs verlieren würden. Bei den OPSG-Sitzungen habe ich deren Vertreter jeweils gleichermaßen als außerordentlich sachkundig wie engagiert erlebt.“
Joachim Schwind, Vorsitzender des Vorstandes der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe VVaG
…den Verlust einer gewichtigen Stimme für das Prudent Person Prinzip.“
Hansjoerg Muellerleile, Senior Expert Corporate Pensions and Related Benefits der Robert Bosch GmbH
…nichts Gutes, da uns vermutlich ein wichtiger Mitstreiter für pragmatische EbAV-Lösungen verloren gehen wird. Dann sind es nur noch die Niederländer und wir.“
Benedikt Köster, Senior Vice President Group Pension der Deutschen Post DHL
…keine Auswirkungen auf die europäische Regulierung von EbAV. Europa braucht auf jeden Fall eine gute Regulierung, die Sinn macht, die Subsidiarität beachtet und den gemeinsamen Markt stärkt.“
Thomas Mann, Mitglied des Europäischen Parlamentes für die CDU/EVP
…dass es auch schwieriger werden wird, die deutschen Positionen durchzusetzen, da wir mit Großbritannien einen wichtigen Verbündeten für Defined Benefits in der EU verlieren würden.“
Reiner Schwinger, Managing Director Willis Towers Watson
…dass die Gefahr einer abschreckenden Überregulierung größer wird, weil wir ein EU-Mitglied mit einer starken bAV verlieren und somit die Länder ohne bAV noch mehr Gewicht in den Entscheidungen bekommen werden.“
Uwe Buchem, Leiter Retirement Mercer Deutschland
…dass Deutschland den wohl wichtigsten Mitstreiter im Kampf um die Bewahrung bewährter bAV-Systeme gegen Europäische Überregulierung verliert.“
Georg Thurnes, Chefaktuar AonHewitt Deutschland
…dass die Regelungsdichte wegen des dann überhandnehmenden kontinentalen Einflusses zunehmen und weniger prinzipien- und praxisorientiert ausfallen wird. Zu befürchten ist ferner, dass dann auch die HBS-Befürworter Rückenwind bekommen könnten und dass schließlich eine kritische Stimme gegen den immer größer werdenden Einfluss von EIOPA verstummen wird.“
Hagen Hügelschäffer, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung
…dass wir einen wichtigen Partner verlieren, der – wie wir – über eine entwickelte bAV verfügt und sich deshalb immer für gute rechtliche Rahmenbedingungen eingesetzt hat.“
Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
… dass die bAV mit dem sofortigen und – man möchte eigentlich sagen: leider – konsequenten Rücktritt von EU-Kommissar Jonathan Hill schon jetzt einen wichtigen und einflussreichen Partner verloren hat. Wer bei der Überarbeitung der EbAV-II-Richtlinie noch mit uns für aufsichtsrechtliche EU-Mindeststandards einstehen wird, die den Mitgliedstaaten ausreichend Spielraum geben, ist offen. Ein Rollback in die alten Auseinandersetzungen darf es nicht geben.“
Heribert Karch, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung