… in einem zentralen Punkt, aber Zustimmung in einigen anderen. Anfang der Woche hat die BMF-Gruppe ihren Bericht vorgelegt. Ein wenig ist die bAV auch direkt erfasst. Erste Reaktionen gibt es schon – die nur sehr eingeschränkt in die gleiche Richtung gehen. Und 20 Years after heißt: vergessen.
„Die aba begrüßt es sehr, dass sich eine deutliche Mehrheit der Fokusgruppe private Altersvorsorge gegen einen öffentlich verantworteten Altersvorsorgefonds entschieden hat.“ Das erklärte aba-Chef Georg Thurnes angesichts der Vorlage des Berichts der Anfang des Jahres eingerichteten Gruppe, in die wie die Arbeitsgemeinschaft zahlreiche Verbände eingebunden waren (sowie BMAS, BaFin, BuBa und DRV; die drei letztgenanten als Beobachter). Thurnes weiter:
„Eine solide gesetzliche Rente, eine entsprechend unseren Vorschlägen gestärkte bAV und die vorgeschlagene Weiterentwicklung der privaten Vorsorge reichen aus, um die Altersversorgung in Deutschland zukunftsfest zu machen“. Daneben bestehe kein Bedarf für einen öffentlich verantworteten Altersvorsorgefonds, so der Aktuar eindeutig zum Prüfauftrag 1 der Gruppe.
Betreffend bAV: Geringverdienerförderung
„Es ist gut, dass der Bericht sich nicht allein auf die private Vorsorge konzentriert. Die Empfehlung, die Geringverdienerförderung in der bAV auszubauen, deckt sich mit Ergebnissen des Fachdialogs zur Stärkung der Betriebsrenten, den das BMAS gemeinsam mit dem BMF durchgeführt hat. Damit kann die bAV gerade bei den Niedrigverdienern einen weiteren großen Schub erhalten“, betonte der aba-Chef.
Auch die Empfehlung, bestimmte Formen der Förderung für die private Vorsorge auch für die bAV nutzen zu können sei richtig. Die Erfahrungen habe man bereits im Bereich der Riester-Rente gemacht, denn hier würden rund 10% als Betriebsrente organisiert.
Einfach in die gesetzliche? Und: Achtung, Enron!
„Die diskutierte Verwendung eines Altersvorsorgevermögens zum Erwerb von Entgeltpunkten in der gRVhalten wir hingegen für äußerst bedenklich. Potenziell würde damit eine zusätzliche Belastung der Versichertengemeinschaft resultieren. Hier sollte nochmals kritisch geprüft werden“, forderte Thurnes.
„Menschen leben durchschnittlich deutlich länger,
als sie vermuten.“
Fürsorglich streng gibt sich die aba mit Blick auf mehr Wahlfreiheit für diejenigen, die in den Ruhestand eintreten: „Bedauerlich ist aber, dass sich die Fokusgruppe nicht deutlicher für eine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos durch Altersvorsorgeprodukte ausgesprochen hat. Menschen leben durchschnittlich deutlich länger, als sie vermuten, und sie verfügen über zu wenig Finanzwissen, um angesammeltes Kapital in eine lebenslange Leistung umzuwandeln. Deshalb brauchen wir nicht mehr Vermögensbildung, sondern mehr lebenslange Leistungen“, forderte Thurnes.
Analoges gelte im Übrigen auch für den derzeit geplanten Ausbau der Mitarbeiterkapitalbeteiligung: „Versorgungstechnisch ist das keine gute Idee, denn dies führt zu einer Risikokonzentration von Arbeitsplatz- und Altersvorsorgerisiko“, erläuterte der Aktuar. Altere Marktbeobachter, so wie der Chronist, fühlen sich bei diesen Worten unmittelbar an Enron erinnert.
Zufrieden in Frankfurt
Der deutsche Fondsverband BVI begrüßt den Bericht der Fokusgruppe und setzt dabei nur teils die gleichen Schwerpunkte wie die aba, teils entgegengesetzte. Thomas Richter, BVI-Hauptgeschäftsführer, sagt dazu: „Der Bericht zeigt den Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge.” Denn: „Künftig sollen private Altersvorsorgeprodukte auf Garantien und Verrentung verzichten und die Auszahlphase flexibel gestalten können. Ohne Garantiezwang kann das Aktiensparen ausgeweitet werden. Gerade Aktienfondssparpläne sind bei langen Anlagezeiträumen renditestark.“
Zusätzlich zu den bestehenden Produkten sollen Fonds in einem förderfähigen Altersvorsorgedepot zugelassen werden, was wenig überraschend auf Gegenliebe in Frankfurt stößt. Der BVI unterstützt die Empfehlung der Fokusgruppe, den Verzicht auf die Beitragsgarantie auch auf den Bestand der Riester-Rerträge anzuwenden.
Das Bild vom Schiri
Ebensowenig überraschend, wo Einigkeit mit der aba vorliegt: In der Aussage, dass die Idee eines Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge nicht weiter verfolgt werden soll. Richter wiederholt seine schon genutzte Metapher: „Das ist ein wichtiges Signal. Denn in der sozialen Marktwirtschaft setzt der Staat die Regeln und ist Schiedsrichter. Sobald der Schiedsrichter selbst mitspielt, ist der Wettbewerb verzerrt und nicht marktwirtschaftlich. Das verhindert Produktvielfalt und fairen Wettbewerb.”
„Eine weitere Legislaturperiode ohne Reform
kann sich Deutschland nicht leisten.”
Außerdem mahnt der BVI nun Handeln an, und zwar zackig: „Der Gesetzgeber sollte die von der Fokusgruppe empfohlenen Eckpunkte umgehend in das Parlament einbringen, damit es eine zukunftsfähige Altersvorsorge auf den Weg bringen kann“, schreibt der BVI in seiner Mitteilung. „Eine weitere Legislaturperiode ohne Reform der privaten Altersvorsorge kann sich Deutschland nicht leisten”, sagt Richter.
20 Years after
Schließlich an dieser Stelle nur eine Anmerkung von LEITERbAV: Was die Politik nun mit den Ergebnissen der beiden Gruppen bei BMF und BMAS machen wird (oder überhaupt machen kann), wird man sehen. Sollte aber im Zuge der nun ggf. anstehenden Reformen ein Ergebnis am Rande sein, Maßnahmen und Strukturen in der Altersvorsorge nicht mehr mit Politikernamen zu belegen, sondern sich die Mühe machte, andere griffige Bezeichnungen zu finden, wäre das nicht zuletzt auch ein stilistischer Fortschritt.
Politiker werden vergessen, mit oder ohne als Namensgeber für Renten zu fungieren – und das ist auch gut so. Walter Riester schied am 22. Oktober 2002 aus der Bundesregierung Gerhard Schröders aus. Das ist über zwei Jahrzehnte her. Die allermeisten der heute 35Jährigen dürften praktisch keinerlei Erinnerung an ihn haben, jüngere nichtmal den Namen noch kennen.
Der Bericht der Fokusgruppe findet sich hier.