Reform der privaten Altersvorsorge, Frühstartrente, Aktivrente: Zu gleich drei Vorhaben der neuen Bundesregierung fragen die Grünen im Bundestag mit über 77 Fragen Details ab. Nur: Ob das, was die Bundesregierung in dieser Phase des politischen Prozesses – noch auf dem Level der reinen Absichtsbekundung und weit entfernt von jedem Gesetzgebungsverfahren – überhaupt konkret sagen kann, uns alle klüger macht, nun, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Kleine Anfragen sind ein wichtiges parlamentarisches Instrument der Opposition, um in allen denkbaren Politikfeldern die jeweilige Bundesregierung zu Auskünften zu veranlassen; dazu gehört namentlich die Altersversorgung einschließlich der bAV; und dies wird von dieser Plattform auch in den meisten Fällen gecovert.
Häufigster Fragesteller in Sachen Altersvorsorge ist seit jeher die AfD-Fraktion, gefolgt von der Linkspartei. Bekanntlich hatte die AfD sich jüngst erst für Lage und Perspektive bei den berufsständischen Versorgungswerken interessiert – aber bedauerlicherweise nur wenig erhellende Antworten erhalten.

Seit dem Frühjahr gesellt sich ein weiterer Akteur zu den Fragestellern, und das sind die Grünen – schlicht, weil sie seitdem nicht mehr in der Regierung, sondern in der Opposition sind. Und auch in Sachen Altersvorsorge haben die Grünen nun vom Instrument der Kleinen Anfrage Gebrauch gemacht, und das gleich dreimal. Die drei kleinen Anfragen – zwei davon bereits beantwortet – betreffen zwar nicht die bAV, sollen an dieser Stelle gleichwohl dokumentiert werden. Im Einzelnen:
Kleine Anfrage zur Reform der privaten Altersvorsorge …
Die Kleine Anfrage „Reform der privaten Altersvorsorge“ der Grünen mit insg. 21 Fragen ist am 19. Juni bereits von der Bundesregierung beantwortet worden.
… wie die die quantitative Lage?
In den ersten elf Fragen fragen die Grünen detaillierte Größenordnungen aller Art zur Verbreitung der Riester-Rente ab (welche zumindest die Redaktion an dieser Stelle en détail nicht interessieren). Die Bundesregierung verweist – so zugehörige Daten überhaupt existieren – zur Beantwortung auf die einschlägigen Statistiken (Riester-Vertragsstatistik,Auszahlungsstatistik 2024, Auszahlungsstatistik 2025).
Wenn überhaupt halbwegs interessant, dann sind das hier nur grundsätzliche Aussagen in den Antworten, und deren gibt es zweie:
„Einkommen aus geförderter privater Vorsorge spielen in der heutigen Seniorengeneration derzeit noch eine eher untergeordnete Rolle, da diese Art der zusätzlichen Altersvorsorge in der aktiven Erwerbsphase der heute 65-Jährigen und Älteren wenig verbreitet war.“
„Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Auszahlungsbeträge bei künftigen Auswertungen erhöhen werden, wenn vermehrt Leistungsempfänger mit längeren Ansparphasen berücksichtigt werden, da die Förderung der Riester-Rente erst im Jahr 2002 begann.“
… und was habt ihr vor?
Den zweiten Teil der kleinen Anfrage nutzen die Grünen, um die Bundesregierung nach ihrem Plänen zur Reform der pAV zu fragen, und in ihren Antworten bekräftigt diese im wesentlichen das, was wir schon wissen, als da wäre:
Die Koalition hat vereinbart, die Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt zu überführen, und zwar mit:
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weniger Bürokratie
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Verzicht auf zwingende Garantien
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geringeren Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten
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möglicherweise mehr Förderberechtigten
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möglichst einfacher staatlicher Förderung für kleinere und mittlere Einkommen
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Wahlfreiheit in der Kapitalanlage einschließlich Nachhaltigkeit
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Verfügbarkeit als Standardprodukt und auch als Frühstartrente.
Kleine Anfrage zur Aktivrente
Bekanntlich will die Bundesregierung mehr Flexibilität beim Übergang in die Rente schaffen, u.a. mit der sog. Aktivrente, d.h. insb. ein Steuerfreibetrag von 2.000 Euro im Monat. Die Kleine Anfrage der Grünen hierzu adressiert also die erste Säule, umfasst 23 praktisch nur steuerrechtliche Detailfragen zzgl. zahlreicher Unterfragen, datiert vom 27. Juni und ist frisch von der Bundesregierung beantwortet.
Und die Bundesregierung macht es sich zurecht einfach mit der Beantwortung: Sie verweist auf die Zielsetzung im Koalitionsvertrag und verweist ansonsten auf das erst kommende Gesetzgebungsverfahren.
Kleine Anfrage zum Koalitionsvorhaben Frühstartrente
Die dritte kleine Anfrage der Grünen, satte 33 Fragen stark, datiert vom 8. Juli und adressiert das Thema der in der ersten Frage behandelten Frühstartrente.
PENSIONS●INDUSTRIES fasst die 33 Fragen hier in kürzest-möglicher Form zusammen: ab wann, wer, ab welchem Alter und warum, durch welche Behörde, inwiefern an Bildungseinrichtungen und deren Besuch gebunden, mit wessen Anlageentscheidungen bei Minderjährigen, warum nur privatwirtschaftlich, mit welchen Ein- und Auszahlungsmodalitäten, mit welche(r)(n) Portabilität, Besteuerung, Förderung, Anrechnung auf Sozialleistungen, Kosten und Kostendeckel, Produktqualifikationen, Ausschlüssen, Möglichkeiten des Umschichtens, Beratung, Haushaltswirkung … die weiteren Fragen beziehen sich auf mögliche Alternativen.
Nun, sind die beiden oben behandelten Anfragen der Grünen schon von eingeschränktem politischen Interesse, so stellt sich hier bei der dritten erst recht die Frage nach dem Sinn der Sache. Die Bundesregierung wird hier nach endlos vielen Details gefragt, von denen eine Reihe später nur eine marginale Rolle spielen, wobei aber offenkundig ist, dass diese noch lange nicht von der Regierung konkret entwickelt worden sind. Eine Antwort der Bundesregierung liegt noch nicht vor, aber man geht wohl nicht fehl mit der Annahme, dass die Bundesregierung erneut genau auf die Tatsache der noch laufenden, gar gerade erst begonnenen Arbeiten verweisen dürfte.
Fazit von PENSIONS●INDUSTRIES:
Kleine Anfragen sind ein wichtiges und oft der Öffentlichkeit interessante Informationen vermittelndes Instrument. Jedoch kommt es zwischendurch immer auch wieder zu fachlichen Enttäuschungen. Schon die seinerzeitige Antwort auf die eingangs erwähnte kleine Anfrage der AfD zu den bVW war wenig erhellend, doch da waren wenigstens noch die Fragen interessant und berechtigt.
Das ist – wie oben schon mehrfach angedeutet – bei den drei Kleinen Anfragen der Grünen hier anders. Die Grünen haben hier in großer Zahl Fragen gestellt zu Vorgängen, die erst in ihrer frühsten Genese sind, und die Bundesregierung hätte – überspitzt gesagt – alle Fragen auch mit einem einzigen Satz beantworten können: „Die Sache ist noch im Fluss, fragen Sie uns in sechs Monaten noch mal.“
Während die Grünen also insgesamt 77+ Fragen gestellt haben, hat die Redaktion nur eine: Was sollte das Ganze jetzt?
Zur Antwort bleibt wohl nur die Headline: Much Ado about Nothing.
Mehr zu dem zu ebendieser anregenden Kulturstück findet sich hier.